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Es war einmal in Frankfurt – Märchen und Sagen in Frankfurt

Es war einmal in Frankfurt – Märchen und Sagen in Frankfurt

 

„Ich bin ein Geist und geh´ herum,
Und heiß´ mit Namen: Hütchen;
Wer früh aufsteht und fleißig ist,
Bekommt von mir ein Gütchen!“

– Aus der Sage vom Rundhütchen, Kopisch​

 

 

Liebe Leser*innen,

Was empfinden Sie, wenn Sie die Worte ‚Es war einmal vor langer, langer Zeit…‘ hören oder lesen?
Mit diesen einleitenden Worten werden bei vielen Menschen Kindheitserinnerungen wach. Sobald die Eltern zur ‚Bettgehzeit‘ riefen, freute man sich schon auf spannende Märchen oder fesselnde Sagen.

In dem heutigen Beitrag geht es um Märchen und Sagen aus dem Frankfurter Raum.

Frankfurt am Main – eine Stadt voller Leben. Doch abseits der glitzernden Skyline und geschäftigen Straßen verbirgt sich eine Welt, die Geschichten und Legenden aus längst vergangenen Zeiten erzählt. Märchen und Sagen, die von mutigen Helden, geheimnisvollen Teufelspakten und wundersamen Begebenheiten berichten, gehören fest zur kulturellen Identität Frankfurts. Sie sind nicht nur ein Fenster in die Vergangenheit, sondern auch eine Quelle von Weisheit und Fantasie, die uns bis heute bewegt.

Tauchen wir ein in eine magische Zeitreise und entdecken die Geschichten, die Frankfurt schon immer umgeben haben – von lokalen Sagen bis hin zu den vertrauten Märchen, die Groß und Klein begeistern. Lassen Sie sich verzaubern und erinnern Sie sich an die Worte, die oft mit Es war einmal… begannen.

Die Magie der Märchen – Warum faszinieren uns Geschichten seit Jahrhunderten?

Märchen haben seit jeher eine besondere Anziehungskraft auf uns Menschen. Sie entführen uns in ferne Welten voller Wunder, Magie und Abenteuer. Doch hinter den scheinbar oft einfachen Geschichten steckt weit mehr: Märchen sind tief in unserer Kultur verwurzelt und tragen universelle Botschaften in sich, die Generationen überdauern.

Diese Geschichten spiegeln die Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen ihrer Zeit wider. Sie geben Antworten auf Fragen, die Menschen seit jeher beschäftigen: Wie besiegt man das Böse? Was bedeutet wahre Liebe? Und wie bewältigt man scheinbar unüberwindbare Herausforderungen? Besonders faszinierend dabei ist, dass Märchen oft mit einfachen Worten universelle Werte vermitteln: Mut, Mitgefühl, Gerechtigkeit und die Hoffnung auf ein gutes Ende.

Doch was macht sie so zeitlos? Es ist die Kombination aus ihrer moralischen Tiefe und ihrer märchenhaften Leichtigkeit. Kinder lauschen gespannt den Abenteuern mutiger Helden, während Erwachsene die tieferliegenden Botschaften schätzen. Es war einmal… öffnet eine Tür zu einer Welt, in der das Unmögliche möglich wird, und schenkt uns Momente des Staunens – egal, wie alt wir sind.

In einer modernen, oft hektischen Welt können Märchen ein Zufluchtsort werden, der uns innehalten und träumen lassen kann. Und vielleicht liegt genau darin ihre Magie: Sie erinnern uns daran, dass wir mit Fantasie und Hoffnung selbst die schwierigsten Prüfungen des Lebens meistern können.

Dies sollen im Folgenden drei Frankfurter Sagen veranschaulichen.

Die Sage vom Frankfurter Waldgeist

Vor langer Zeit, als Frankfurt noch von dichten Wäldern umgeben war, erzählte man sich von einem geheimnisvollen Wesen, das im Stadtwald lebte – der Waldgeist. Er war weder Mensch noch Tier, sondern eine Art Naturwesen, das mit den Bäumen, Pflanzen und Tieren des Waldes verbunden war. Man sagte, er habe die Gestalt eines alten Mannes mit einem langen Bart aus Moos und Augen, die im Dunkeln grün leuchteten. Der Waldgeist galt als Beschützer des Waldes, aber auch als Richter für jene, die den Wald und seine Bewohner*innen respektlos behandelten.

Die Begegnung mit dem Waldgeist

Eines Tages beschloss ein junger Holzfäller namens Jakob, mehr Holz zu schlagen, als ihm erlaubt war. Seine Familie war arm, und er wollte mit dem zusätzlichen Holz etwas Geld verdienen. Ohne die üblichen Gebete an die Waldgeister zu sprechen, machte er sich an die Arbeit. Als die Axt zum dritten Mal einen alten Baum traf, erklang ein lauter, donnernder Schrei. Plötzlich stand der Waldgeist vor ihm, groß und furchteinflößend, mit einem Gesicht voller Zorn.

„Warum störst du den Frieden des Waldes?“, fragte der Geist mit einer Stimme, die wie ein Sturmwind durch die Bäume wehte. Jakob fiel auf die Knie und stammelte eine Entschuldigung. Doch der Waldgeist war unbarmherzig. „Für deinen Eigennutz werde ich dich lehren, Respekt vor der Natur zu haben!“, sagte er.

Die Strafe und die Rettung

Mit einem Schlag seines Stabes verwandelte der Waldgeist Jakob in einen Baum. Jakob konnte nicht mehr sprechen, aber er konnte alles hören und fühlen, was um ihn herum geschah. Er erlebte die Schönheit des Waldes und die Zerstörung, die Menschen immer wieder brachten. Seine Reue wuchs mit jedem Jahr, das er als Baum verbrachte.

Eines Tages kam ein kleines Mädchen mit einer verletzten Krähe in den Wald. Sie setzte sich neben Jakob und sprach zu dem Baum, als würde sie spüren, dass er lebendig war. Ihre Freundlichkeit und Liebe zur Natur berührten den Waldgeist. Er erschien erneut und fragte das Mädchen, warum sie dem Baum vertraute. „Weil er wie ein stiller Freund ist“, antwortete sie.

Beeindruckt von ihrer Unschuld und Güte, hob der Waldgeist Jakobs Fluch auf, aber nur unter der Bedingung, dass er den Rest seines Lebens dem Schutz des Waldes widmen würde. Jakob stimmte zu und lebte fortan als Wächter des Waldes, der die Menschen ermahnte, den Wald zu ehren und zu respektieren.

Die Lehre der Sage

Die Geschichte vom Frankfurter Waldgeist erinnert uns daran, wie wichtig Respekt und Achtsamkeit im Umgang mit der Natur sind. Der Stadtwald ist nicht nur ein Ort der Erholung, sondern auch ein lebendiger Organismus, der geschützt und geschätzt werden sollte. Wer ihn achtet, wird mit seiner Schönheit und Ruhe belohnt – und wer ihn missachtet, könnte sich dem Zorn des Waldgeistes stellen müssen.

Quelle:Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch (1853)
Foto: Hans / Pixabay

Die Sage vom weißen Hirsch und der Gründung Frankfurts

Es war zur Zeit von Karl dem Großen, als der Kaiser mit seinem Heer durch das Land zog, um die Grenzen seines Reiches zu sichern und neue Gebiete zu erschließen. Eines Tages führte ihn sein Weg an die Ufer des reißenden Mains. Die Landschaft war wunderschön, mit dichten Wäldern und sanften Hügeln, doch der Fluss stellte eine unüberwindbare Barriere dar. Es gab keine Brücke, keinen Fährmann und keine offensichtliche Möglichkeit, das Heer sicher ans andere Ufer zu bringen.

Die Sonne begann zu sinken, und Unruhe breitete sich im Lager aus. Karl der Große zog sich in die Stille des Waldes zurück, um zu beten und um göttlichen Beistand zu bitten. Er flehte, dass ihm ein Zeichen gegeben würde, wie er und seine Männer die gefährliche Strömung überwinden könnten.

Plötzlich raschelte es im Unterholz. Vor ihm trat ein schneeweißer Hirsch hervor – ein majestätisches Tier, dessen Fell im Abendlicht zu leuchten schien. Der Hirsch hielt inne und sah Karl mit seinen tiefen, weisen Augen an. Es war, als ob das Tier den Kaiser aufforderte, ihm zu folgen. Der Hirsch wandte sich um und trabte gemächlich durch den Wald in Richtung des Flusses. Karl, fasziniert von der Erscheinung, eilte hinterher.

Am Ufer des Mains angekommen, machte der Hirsch einen Schritt ins Wasser und begann die Strömung zu durchqueren. Zu Karls Überraschung erwies sich die Stelle, die der Hirsch gewählt hatte, als flach und sicher. Das mächtige Tier erreichte mühelos das andere Ufer und blieb dort stehen, als wolle es den Weg weisen. Karl eilte zurück zu seinem Heer und befahl seinen Männern, die Furt genau dort zu nutzen, wo der Hirsch sie gezeigt hatte. Dank dieser Entdeckung konnten alle sicher den Fluss überqueren.

Am anderen Ufer angekommen, verschwand der weiße Hirsch so plötzlich, wie er aufgetaucht war. Karl sah dies als ein göttliches Zeichen und versprach, diesen Ort zu ehren. Er ließ eine kleine Siedlung errichten, die er „Franconofurt“ nannte – die „Furt der Franken“. Diese Siedlung wuchs im Laufe der Jahrhunderte zu einer der bedeutendsten Städte Deutschlands heran: Frankfurt.


Die Symbolik des weißen Hirsches

Der weiße Hirsch gilt in der Mythologie und Sagenwelt oft als Bote des Göttlichen oder als Führer, der Menschen in schwierigen Situationen den richtigen Weg zeigt. In dieser Sage steht er für Schutz, Führung und die göttliche Fügung, die zur Gründung Frankfurts führte. Die Geschichte verbindet somit das Natürliche mit dem Spirituellen und verleiht der Stadt eine Aura des Mystischen.

Dieses Märchen hat bis heute Bestand und wird als eine der bekanntesten Gründungssagen Frankfurts weitergegeben.

Quelle: Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsche Sagen (1816/1818)
Foto
: strichpunkt / Pixabay

Die Sage von der Goldenen Waage

Inmitten der Frankfurter Altstadt, in der Nähe des prächtigen Römerbergs, befand sich einst ein eindrucksvolles Kaufmannshaus mit einer Besonderheit, die jeden Passanten in Staunen versetzte: An seiner Fassade hing eine goldene Waage, die im Sonnenlicht schimmerte und die Menschen anlockte wie ein funkelnder Schatz. Dieses Haus gehörte einem reichen Kaufmann, der für seinen Fleiß, aber auch für seine Gier bekannt war.

Der Kaufmann war ein äußerst geschickter Händler, der mit Waren aus aller Welt handelte – feine Stoffe, exotische Gewürze und kostbare Edelsteine. Doch seine berühmte Waage war nicht nur ein Symbol seines Wohlstands, sondern auch sein Werkzeug. Jeder Kunde, der in sein Geschäft trat, musste sich darauf verlassen, dass die Waage ehrlich war. Doch was niemand wusste: Der Kaufmann hatte die Waage so präpariert, dass sie immer zu seinen Gunsten ausschlug. So wurde er noch reicher, während seine Kunden oft betrogen wurden.

Der Fluch der Waage

Eines Tages trat eine geheimnisvolle alte Frau in den Laden. Ihr Haar war schlohweiß, und sie trug einen einfachen Umhang, der ihre gebeugte Gestalt umhüllte. Sie bat den Kaufmann höflich, ihr etwas Mehl abzuwiegen, da sie nur wenig Geld hatte. Der Kaufmann runzelte die Stirn und wog widerwillig das Mehl ab. Doch die Waage zeigte weniger an, als es in Wirklichkeit war. Die alte Frau bemerkte den Betrug, sah dem Kaufmann fest in die Augen und sprach mit einer Stimme, die vor Zorn bebte:

„Dein Reichtum mag glänzen wie Gold, doch dein Herz ist finster wie die Nacht. Deine Waage wird dir zum Verhängnis werden.“

Mit diesen Worten verließ sie den Laden. Der Kaufmann, der solche Drohungen schon oft gehört hatte, lachte nur spöttisch und ging seinem Geschäft nach.

Die seltsamen Ereignisse

Doch schon am nächsten Tag begann das Unglück. Die goldene Waage, die stets in der Sonne glänzte, schien ihren Glanz zu verlieren. Sie verdunkelte sich, als hätte jemand ihren Schein geraubt. Die Kunden blieben aus, und es hieß, dass man in der Nähe des Hauses seltsame Geräusche hörte – ein leises Flüstern, als ob Geister umhergingen.

Nachts hatte der Kaufmann Alpträume. Er sah die alte Frau, die immer wieder vor ihm stand und sagte: „Deine Gier wird dich zerstören.“ Bald darauf begannen die Geschäfte des Kaufmanns zu stocken. Niemand traute ihm mehr, und sein Reichtum schmolz dahin wie Schnee in der Sonne.

Das Ende der Waage

Eines Nachts, so erzählt man sich, soll ein heller Blitz das Haus getroffen haben. Am nächsten Morgen war die goldene Waage verschwunden, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Einige sagen, die alte Frau habe sie mitgenommen, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen. Andere glauben, dass sie vom Himmel selbst geholt wurde, um die Stadt vor der Gier des Kaufmanns zu bewahren.

Heute steht an derselben Stelle ein neues Gebäude, doch die Legende von der goldenen Waage lebt weiter. Wer durch die Gassen Frankfurts schlendert, hört vielleicht das Flüstern vergangener Zeiten und spürt den Hauch des alten Märchens, das uns lehrt, dass Gier niemals belohnt wird.

Quelle:Wilhelm Ruhl, Sagen aus dem Frankfurter Raum
Foto: dn

Liebe Leser*innen,

Märchen und Sagen sind wie Fenster in eine vergangene Welt – eine Welt voller Magie, Weisheit und spannender Geschichten. Sie verbinden uns mit unserer Geschichte, unserer Kultur und den Menschen, die vor uns lebten. Besonders in einer Stadt wie Frankfurt, die reich an Tradition und Legenden ist, laden diese Geschichten dazu ein, die eigene Umgebung mit neuen Augen zu sehen und sich von den Erzählungen verzaubern zu lassen.

Vielleicht erinnert der nächste Spaziergang durch den Römer oder entlang des Mains daran, dass die Magie der alten Geschichten noch immer in den Straßen, Gebäuden und Wäldern Frankfurts lebendig ist. Denn wie es so schön heißt: „Es war einmal“ – und vielleicht ist es auch heute noch.

Autor: JTN

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