Zurück in die Zukunft

Zurück in die Zukunft

Mit ihren mehr als 100 Lehrveranstaltungen verschiedener Fachrichtungen ist die Frankfurter Universität des dritten Lebensalters, kurz U3L, gefragter denn je. Ein Blick hinter die Kulissen der Bildungseinrichtung für junge Ältere.

Zurück in die Zukunft
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40 Jahre Lust an der Bildung“, titelte die Universität Frankfurt noch vor zwei Jahren in einer Mitteilung. Anlass der Meldung war das Hochschulprogramm U3L für ältere Erwachsene, das seinerzeit mit viel Pomp und geladenen Gästen seinen 40. Jahrestag auf dem Campus Bockenheim feierte. Die Grußworte beim geselligen Treffen sprachen unter anderem Dr. Nargess Eskandari-Grünberg, Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main, und Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität. Beide lobten die U3L als eine besondere Institution mit eigenem Studienprogramm an der Frankfurter Goethe-Universität. Herzstück seien insbesondere die vielen Menschen im Rentenalter, die sich täglich in Seminaren, Vorlesungen und Arbeitsgruppen mit Fragen der Wissenschaft und Bildung auseinandersetzen und dabei neue Kontakte knüpfen, Spaß haben und das besondere Uni-Flair erleben.

Keine Prüfungen, kein Stress

Bei so vielen warmen Worten passt es gut, dass für das Seniorenstudium am Main kein bestimmter Bildungsabschluss wie das Abitur verlangt wird. Und da keine Abschlüsse, Zertifikate oder Zeugnisse ausgestellt werden, ist der Erwerb eines akademischen Grades im Rahmen der U3L nicht möglich – was niemanden stört, wie die steigende Nachfrage nach diesen Studiengängen zeigt. Waren es im Startsemester 1982/83 noch 150 Studierende, ist ihre Zahl inzwischen auf einen vierstelligen Bereich angewachsen. „Vor der Pandemie waren fast 4.000 Studierende eingeschrieben. Unter den völlig veränderten Bedingungen in den letzten beiden Jahren halbierte sich die Zahl, nun steigt sie wieder“, registrierte die Goethe-Universität noch vor drei Jahren. Mittlerweile zählt die Frankfurter Lehranstalt für das vergangene Jahr wieder knapp 3.000 Studierende an der U3L. Dabei finanziert sich das gesamte Studienangebot durch die Semestergebühr von 150 Euro, was bedeutet, dass die U3L ihre Studierendenzahlen aufrechterhalten muss. „Dafür ist beispielsweise wichtig, dass in Frankfurt demographisch gesprochen zunehmend auch Migrantinnen zur potenziellen Zielgruppe unserer Angebote zählen – die wir momentan noch eher schlecht erreichen. Das ist eine produktive Herausforderung für uns; zugleich bin ich insgesamt sehr optimistisch, was die Nachfrage für unsere Angebote angeht“, wird die 43-jährige Leiterin der U3L-Geschäftsstelle, Dr. Mayte Zimmermann, im Uni-Report der Hochschule zitiert.

Online-Modus kommt gut an

Noch vor einigen Jahren blieb den bildungshungrigen Älteren der Zutritt in die Uni-Räume verwehrt. Grund waren die coronabedingten Zugangsbeschränkungen, die zu Vorlesungsbeginn verhängt worden waren. Ziel war, nach Aussage der Hochschule, den Präsenzbetrieb auf dem Campus in überschaubaren Dimensionen zu halten. Folglich wurden die U3L-Veranstaltungen nur noch online durchgeführt. Das gelang vor allem durch eine schrittweise Entwicklung der technischen Möglichkeiten sowie mithilfe von entsprechenden Schulungsangeboten für Lehrende und Studierende. Ein entscheidender Vorteil für die schnelle Umsetzung war die zuvor eingeführte virtuelle Lernplattform OLAT der Goethe-Universität, die als Basis für Online-Seminare genutzt werden konnte. Mit Erfolg, denn eine Untersuchung aus dem Sommersemester 2021 zeigte: Die Akzeptanz digitaler Veranstaltungen war überraschend hoch. Vor allem wusste man die örtliche und zeitliche Flexibilität zu schätzen. 61 Prozent der Befragten wünschten sich für die Zukunft beides: sowohl digitale Veranstaltungen als auch Präsenzveranstaltungen.

Spätberufene unter sich
Wissenswertes steht in der Uni-Bibliothek / Foto: Polina Zimmerman / pexels

Aus Wunsch wurde Wirklichkeit. Das Frankfurter U3L-Vorlesungsverzeichnis hat inklusive aller Vorlesungen, Seminare und Arbeitsgruppen dieses Jahr einen Seitenumfang im dreistelligen Bereich (PDF-Download, 3,66 MB). Davon findet etwa die Hälfte in den Hörsälen auf dem Campus Bockenheim statt und die andere Hälfte im digitalen Format. Dabei bleiben die Senior*innen unter sich, denn der entsprechende Studienausweis berechtigt ausschließlich zur Teilnahme am U3L-Programm. Er berechtigt nicht dazu, Veranstaltungen der Goethe-Universität zu besuchen oder Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen, wie das RMV-Ticket oder die ermäßigten Gebühren in der Mensa. Auf diese Regelung weist die digitale Anmeldeseite der U3L betont hin.

Sei’s drum. Dauerbrenner sind die „weichen Fächer“ wie Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie, die die U3L seit Jahren im Programm hat. Hauptsache geistig beweglich bleiben: Statt Groschenromane doch lieber Schopenhauer, Kant, Hegel oder Heidegger, mit Abstechern zur römischen Geschichte, über Rembrandts Maltechnik bis hin zu Altgriechisch und Latein. Und wer mit dem anspruchsvollen akademischen Universum nicht sofort warm wird, kann entsprechende Einführungsveranstaltungen kostenlos besuchen. Dort erwirbt der Neuankömmling ein Grundverständnis der Wissenschaft, ihrer Methoden und Erkenntnisse. Doch Obacht, in manchen Dingen versteht die Uni keinen Spaß: „Solltest du unentschuldigt fehlen oder zu kurzfristig absagen, wirst du für alle Veranstaltungen im laufenden Semester gesperrt und kannst dich im darauffolgenden Semester für keinen unserer Workshops oder Kurse anmelden“, wird an anderer Stelle gewarnt.

Gleiche Zielgruppe – andere Programme

Frankfurt besitzt mit der U3L kein Alleinstellungsmerkmal – quer durchs ganze Land bieten Hochschulen Angebote für Senior*innen mit Lust auf akademische Bildung. Einige davon haben maßgeschneiderte Programme im Repertoire, andere hingegen erlauben den Zugang zu den regulären Lehrveranstaltungen, legen aber eine maximale Anzahl an Teilnehmenden fest. Wieder andere setzen auf einen Mix aus beiden Modellen. „Von den 80 staatlichen Universitäten hierzulande hat gut die Hälfte mittlerweile ein strukturiertes Angebot für Ältere“, heißt es in einem Beitrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Obwohl die Zielgruppe die gleiche ist, heißen die Programme sehr unterschiedlich: Studieren ab 50 an der Uni Magdeburg, Studium Plus an der PH Freiburg, Seniorenakademie an der TU Dresden, Campus der Generationen an der Uni Trier oder Kontaktstudium nach Beruf und Familie an der Uni Kiel.

Von gratis bis richtig teuer

Auch wenn die anderen Titel prägnanter sind, kann keines der deutschlandweiten Projekte der Frankfurter U3L das Wasser reichen, ist sich die GEW sicher. Demnach habe sich die U3L zu einer der größten Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung für Ältere in Deutschland entwickelt. Ein Umstand, den die Bildungsstätte in Bockenheim für sich zu nutzen weiß, denn die Generation 50+ ist eine lukrative Einnahmequelle. Der tagtägliche Weg in die Zukunft kostet pro Semester 150 Euro und dürfte für die meisten Rentner*innen keine große finanzielle Hürde darstellen. Zudem besteht die Möglichkeit, die Gebühren nach Selbsteinschätzung der Einkommenssituation auf 110 Euro zu reduzieren. Dazu ist noch nicht einmal ein Nachweis erforderlich.

Dr. Mayte Zimmermann leitet seit Sommer 2024 die Geschäftsstelle der Universität des 3. Lebensalters / Foto: u3l-frankfurt

München ist Spitzenreiter

Zum Vergleich: Nach Angaben des Akademischen Vereins der Senioren in Deutschland (kurz AVDS) ist das Studium an der Universität Lübeck für Senior*innen tatsächlich kostenfrei; an der Uni Kiel zahlen die älteren Mitstudierenden 30 Euro, in Leipzig 40 Euro, in Hannover 146 Euro, in Hamburg 130 Euro, in Stuttgart 150 Euro, in Berlin bis zu 198 Euro und an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität satte 300 Euro pro Semester, wenn Veranstaltungen mit mehr als acht Wochenstunden belegt werden.

In Bayern muss zur Einschreibung ein Abiturzeugnis oder eine fachgebundene Hochschulreife vorgelegt werden, was in Hessen und den meisten anderen Bundesländern nicht erforderlich ist. Für diejenigen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, kommen noch weitere Kosten hinzu: Studierende der U3L sind formal keine Angehörigen der Goethe-Universität und erhalten folglich kein Semesterticket und somit keine Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV). Es bleiben nur die gängigen RMV-Vergünstigungen wie das Seniorenticket Hessen und andere. Eine Ausnahme bilden Menschen mit Frankfurt-Pass, die pro Semester nur fünf Euro berappen müssen.

Studienorte für ältere Erwachsene in Hessen
Uni Darmstadt: 50 € Euro pro Semester im Studium als gasthörende Person in einzelnen Lehrveranstaltungen
Uni Frankfurt: 110 € Euro pro Semester nach Selbsteinschätzung beim Besuch von Veranstaltungen des U3L-Programms
Uni Gießen: 100 € für die erste Veranstaltung, jede weitere 50 €, höchstens jedoch 500 € im Semester
Uni Kassel: 125 € pro Semester im Studium als gasthörende Person, 250 € pro Semester im Zertifikatsstudium
Uni Marburg: 100 € pro Semester als gasthörende Person im allgemeinen Studienprogramm
Quelle: AVDS Studienführer für Senioren
Erfahren. Gebildet. Quotenkonform.

Eine Frage bleibt: Wie setzen sich die U3L-Studiengänge demografisch zusammen? Klar ist, dass in den Hörsälen reichlich Lebenserfahrung sitzt, obwohl es kein Mindestalter für ein Studium an der U3L gibt. Laut Beobachtung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) tragen die meisten eine Lesebrille, und an der Garderobe hängen neben Jacken viele Hüte. Kein Wunder, denn nach eigener Erhebung liegt das Durchschnittsalter der studierenden Personen bei 72 Jahren. Viele verfügen über einen Hochschulabschluss. Der jüngste Studierende ist 28, der älteste 97 Jahre alt. Das zeigt, dass die U3L nicht nur für ältere Menschen, die ihre berufliche oder auch familiäre Phase bereits hinter sich gelassen haben, eine Anlaufstelle ist.

Als Hauptmotiv darf bei allen Altersgruppen der Wunsch gesehen werden, die Allgemeinbildung zu erweitern und vor allem, den eigenen Bildungsinteressen nachzugehen. Gleichzeitig sehen die älteren Studierenden die Weiterbildung als eine Möglichkeit, ihre mentale Fitness zu erhalten, dicht gefolgt von dem Wunsch, die Welt aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Dabei beweisen sie im Alltag erstaunlich viel Kondition: Einer weiteren, jedoch älteren Umfrage der Uni zufolge sind rund 47 Prozent der Beteiligten seit mindestens elf und 20 Prozent seit über 20 Semestern eingeschrieben. Das Geschlechterverhältnis beträgt schon seit Längerem etwa 60:40 zugunsten der Frauen. Quote? Übererfüllt!

Bildschirm statt Hörsaal

In absehbarer Zeit will die U3L umziehen. „Das Jahr 2028 ist dafür anvisiert, und zwar vom Campus Bockenheim an den Campus Westend“, hat die Frankfurter Rundschau (FR) in Erfahrung gebracht. Dann heißt es für die Wissensdurstigen des dritten Lebensalters: eher Bildschirm als Hörsaal.

Hinweise: Interessierte können das aktuelle Veranstaltungsverzeichnis des Sommersemesters 2025 HIER (PDF-Download, 3,66 MB) einsehen. Alternativ kann man es sich gegen eine Gebühr von vier Euro von der Geschäftsstelle der U3L in gedruckter Form zuschicken lassen. Im Studienführer für Studierende mit Beeinträchtigungen (PDF-Download HIER, 532 KB) finden sich detaillierte Angaben zu barrierefreien Veranstaltungsräumen. Wer promovieren möchte, benötigt in der Regel eine Betreuerin oder einen Betreuer, früher auch Doktorvater genannt. Eine Altersgrenze gibt es nicht.

Die Uni Frankfurt hat einige Tipps für den erfolgreichen Start zusammengestellt. Einen guten Wegweiser durch den Uni-Dschungel bietet der AVDS-Studienführer für Seniorstudenten und Gasthörer. Er umfasst 60 Seiten, ist vierfarbig, hat das Format DIN A5 und kostet aktuell 16,90 Euro. Die Einschreibung an der U3L erfolgt wie an Universitäten üblich zum Sommer- oder Wintersemester und ist ab dem 01. September bis 31. Oktober 2025 für das kommende Wintersemester 2025/26 möglich. (DE/2025)

Kontakt:
Universität des 3. Lebensalters (U3L)
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Campus Bockenheim (Neue Mensa, 4. OG, Raum 425)
Bockenheimer Landstraße 133
60325 Frankfurt am Main
Tel.: 069 798-28861 (Mo. – Do. von 9.30 bis 12.00 Uhr und 13.30 bis 15.00 Uhr)
E-Mail: u3l@em.uni-frankfurt.de
Öffnungszeiten der Geschäftsstelle:
Di – Do von 9.30 bis 12.30 Uhr

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