Der große Hochbunker im Stadtteil Griesheim bietet mit seinen Dachwohnungen nicht nur von außen einen besonderen Anblick. Auch das Innere des historischen Gebäudes aus dem Zweiten Weltkrieg ist einen genaueren Blick wert.
Bunker faszinieren die Öffentlichkeit, sind sie doch massiv und kalt, dennoch schutzbietend und monumental. Umso mehr noch, wenn ganz atypisch schicke Wohnungen auf dem Dach eines dieser Kriegsrelikte thronen, wie beim Hochbunker am Griesheimer Bahnhof. Vor 84 Jahren bot dieser Hingucker mit seinen 2,50 Meter dicken Wänden etwa 1.200 Menschen Schutz vor feindlichen Luftangriffen. Der Frankfurter Rundschau (FR) zufolge hatten viele Griesheimer diesem massiven Gebäude während des Bombenhagels mehrfach ihr Leben zu verdanken. Damals stürmten bei Bombenalarm die Ortsansässigen durch die vier Eingänge des Bunkers, um dann stundenlang auf kargen Holzbänken auszuharren. Da die elektrische Notbeleuchtung oft ausfiel, wurde der Bunker im Inneren nur von vereinzelten Petroleumlampen beleuchtet. Die Umstände führten dazu, dass bei vielen Überlebenden im Nachhinein eine Angstpsychose zurückblieb. Demgemäß findet sich am Eingang des Griesheimer Bunkers die Mahnung: „Hier ist Ruhe und Selbstbeherrschung die erste Pflicht.“

LAGERRAUM STATT SCHUTZANLAGE
Nach dem Krieg wurde der Bunker zum Depot umfunktioniert und in dessen ehemaligen Schutzräumen wurden Exponate des Historischen Museums sowie Teile der Sammlung der Deutschen Nationalbibliothek eingelagert. Später diente der Betonbau „Am Brennhaus 20“ als Lagerraum für Privatkunden. In den 70er Jahren wurde die Luftschutzanlage erneut aufgerüstet, da in der Hochphase des Kalten Krieges die Bundesregierung einen atomaren Angriff der Sowjetunion befürchtete. Ende der 80er Jahre investierte der Bund letztmalig in neue Elektroleitungen für das Griesheimer Bauwerk. „Selbst viele Anwohner bekamen nichts von dem Ein- und Ausgehen der Handwerker mit“, weiß die Frankfurter Neue Presse (FNP) zu berichten.
WOHNUNGEN AUF DEM DACH

Der Zugang zum Bunker war der Öffentlichkeit noch bis vor einigen Jahren verwehrt. Nur bis April 2020, bevor der Innenausbau des Monuments begann, bestand für kurze Zeit die Möglichkeit von Innenbesichtigungen. Der Griesheimer Stadtteil-Guide Sascha Mahl nutzte mit Unterstützung der Frankfurter Stadtevents die Gelegenheit und hielt die Highlights der Führung in einem Video dauerhaft fest. In seiner kostenlosen Internet-Führung wird gezeigt, was die Menschen während der Luftangriffe erlitten und erlebt hatten. Man sieht, wie das Überleben im Hochbunker, der damals als Kirche getarnt war, organisiert wurde. Das Video dauert rund 30 Minuten.
Als der Bunker 2008 versteigert wurde, erhielt das Heidelberger Architekten-Büro Kuhlmann den Zuschlag. Leider stellte sich nach dem Kauf schnell heraus, dass ein Gesamtumbau zu aufwendig sei. So entschied man, einfach in die Höhe zu bauen. Das Resultat dieser Entscheidung waren acht zweigeschossige Penthouse-Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von rund 860 Quadratmetern, die im Jahr 2014 bezugsfertig waren. Heute führen entlang der Außenwand des Bunkers ein Fahrstuhl und eine freischwebende Treppe hinauf. Auf der Südseite hat jedes Penthouse eine eigene Terrasse.
Schöne aussichten
Die Aussicht von dort scheint durchaus reizvoll zu sein: „Nach Süden hin schweift der Blick über den Gemeindegarten-Park und die Dächer Griesheims in die Ferne zur Bürostadt Niederrad und bis zum Odenwald“, so die FR. Richtung Norden schauen die Bewohner dagegen direkt auf die Omega-Brücke und die S-Bahn-Trasse und darüber hinweg bis zum Taunus. Wer fußläufig auf dem Gelände der Anlage unterwegs ist, kommt nicht umhin, die zahlreichen Fassadenveredelungen an der Bunkerwand zu bemerken. Mit besonderem Fokus auf Streetart und Graffiti finden Colour-on-the-Wall-Fans hier ein breites Panorama an Sprühkunstinstallationen. Einige Beispiele sind auf der Website Vagabundler.com zu bestaunen.
Lese-Tipp: Als die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) im Jahr 2005 gegründet wurde, hatte sie rund 400 Hochbunker im Besitz. Heute sind es nur noch knapp 80 Betonklötze, und einige davon finden sich, nachdem sie nicht mehr zum Katastrophenschutz gehören, als Verkaufsangebot in der Broschüre „Kulturgenuss im Bunker“ (PDF-Download 3,14 MB). (DE/2025)
Videoführung:
Video-on-Demand (Video auf Abruf)
Kontakt: Frankfurter Stadtevents
Ludwigstraße 33–37
60327 Frankfurt am Main
Tel: 069 / 974 603 27
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Titelbild: Leben im Penthouse auf dem Hochbunker unweit vom Griesheimer Bahnhof / Quelle: GFFB





